Enrico Tessmer
Blockseminar Sozialpsychologie:
Wenn es mal kracht: Aggression - Ursachen, Prozesse und Folgen
Einführung
In diesem Artikel geht es um den Beitrag von Videospielen zum Thema Aggression, ein
auch in den Medien viel Diskutiertes Thema. Nach einer kurzen Begriffsdefinition soll der
aktuelle Kenntnisstand zum Einfluss von Videospielen auf aggressives Verhalten anhand
relevanter Modelle und Theorien, sowie ausgewählter Studien dargelegt und diskutiert
werden. Zunächst jedoch ein zum Thema passendes Zitat:
„Ich mag Videospiele, aber sie sind sehr gewalttätig. Ich würde gerne ein Spiel spielen in
dem man den Leuten hilft, die in allen anderen Spielen erschossen werden. Es würde
„überbelegtes Krankenhaus“ heißen – Demitri Martin, Komödiant
Begriffsdefinitionen
Das Wort Videospiel setzt sich zusammen aus den beiden Begriffen Video und Spiel.
Eine allgemeine Definition kann unter http://de.wikipedia.org/wiki/Videospiel
nachgeschlagen werden. Moderne Videospiele stellen eine Art auf dem Computer oder
Spielkonsolen ablaufendem interaktiven Film dar, in die der Spieler direkt eingreifen kann.
Neben eher harmlosen Inhalten gibt es auch Inhalte mit einem hohen Maß an Gewalt und
Aggression, die teilweise millionenfach verkauft werden und trotz eventueller Verbote auch
den Weg in deutsche Wohnzimmer finden. Als Extremes Beispiel kann Manhunt 2 gelten,
unter http://www.youtube.com/watch?v=no4rqVZ42OA findet sich ein Video dazu. Auch in
den mittlerweile über 122 Mio. mal verkauften Titeln der GTA-Reihe (Grand Theft Auto), in
denen der Spieler als Krimineller diverse Verbrechen begeht, findet sich ein teilweise
erhebliches Maß an realistischen Gewaltdarstellungen http://www.youtube.com/watch?
v=yrdWkoBMZVE. Die Folgen eines derartigen Medienkonsums auf den gesunden Spieler
sind jedoch höchst umstritten und werden auch auf politischer Ebene kontrovers diskutiert.
Relevante Modelle & Theorien
Es bestehen zwei konkurrierende Erklärungsansätze zur Untersuchung eines eventuell
vorhandenen Zusammenhanges zwischen Konsum gewalthaltiger Videospiele und
Aggression: Nach der Sozialisationshypothese führt Kontakt mit gewalthaltigen
Videospielen zu aggressiverem Verhalten, nach der Selektionshypothese hingegen
suchen aggressive Menschen gezielt aggressive Stimuli.
Zwei Modelle liefern weitere Erklärungsansätze zum Einfluss von Videospielen auf
Aggression: Das General Aggression Model und das General Aggression Model.
Nach dem General Aggression Model führt der Konsum gewalthaltiger Medien kurzfristig
zu einer Erhöhung aggressiver Gedanken, aggressiver Gefühle und aggressivem
Verhalten, und langfristig zu Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte,
Abbildung 1: General Aggression Model 1
Wahrnehmungsschemata und Einstellungen, sowie Desensibilisierung gegenüber Gewalt
(Anderson & Bushman, 2002). Das General Learning Model liefert einen ähnlichen Ansatz:
Soziales Lernen findet demnach durch Belohnung statt und Mediengewalt fungiert als
Hinweisreiz (Prime) für aggressive Kognitionen.
Nach dem General Agression Model kann bei häufiger Kontakt mit Gewaltinhalten die
Entwicklung einer aggressiven Persönlichkeit begünstigen. Problematisch ist zudem, dass
Videospielcharaktere von Kindern oft als Vorbilder und Rollenmodelle gesehen werden.
Studie: Möller & Krahe (2009)
Die Untersuchung von Möller & Krahe (2009) hatte das Ziel, den Zusammenhang
zwischen Kontakt mit Spielgewalt und Aggression genauer untersuchen und zu
überprüfen, ob eine Vorhersage zukünftigen Gewaltverhaltens anhand von
Spielhäufigkeit möglich ist.
Gemessen wurde der Kontakt mit Gewaltspielen, sowie Gewaltattributionen/-Verhalten
und aggressionsbezogenen normativen Glaubenssätzen an 2 Zeitpunkten, jeweils anhand
Abbildung 2: General Aggression Model 2
eines Fragebogens. Es fand also kein Experiment im eigentlichen Sinne statt. Die
Ergebnisse sind in nachfolgender Grafik dargestellt, aufgrund des nichtexperimentellen
Ansatzes ist eine Interpretation über Ursache und Wirkung aber sehr schwierig.
Nach Gentile (2005) gibt es 5 relevante Dimensionen für die Wirkung von
Videospielinhalten:
1. Spieldauer
2. Spielinhalt
3. Sozialer Kontext
4. Spielstruktur
5. Spielmechanik
Abbildung 4: Super Mario Sunshine
Abbildung 3: Ergebnisse Möller & Krahe (2009)
In einer anderen Untersuchung, in der es vorrangig um Spiele mit prosozialem Inhalt, zum
Beispiel dem reinigen einer verschmutzten Stadt bei Super Mario Sunshine, ging, fand
sich ein negativer Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und prosozialem Verhalten
und eine zweiseitige Beziehung zwischen prosozialen Videopielen und prosozialem
Verhalten.
Methodische Probleme
Fast alle bisherigen Studien sind jedoch mit teilweise erheblichen methodischen
Problemen behaftet: So werden Begriffsdefinitionen wie Videospiel, Aggression, Gewalt in
höchstem Maße uneinheitlich verwendet und operationalisiert. Zudem ist aufgrund des
häufig nicht experimentellen Ansatzes eine Interpretation und Generalisierung nur
eingeschränkt möglich.
Fazit
Nach dem derzeitigen Forschungsstand führen Gewaltspiele zu einer Erhöhung
aggressiver Gedanken und zu aggressivem Verhalten, während prosoziale Spiele
erhöhen prosoziale Gedanken und prosoziales Verhalten erhöhen.
Aber oft gibt es in bisherigen Studien gravierende methodische Probleme, so das weitere,
vor allem experimentelle Forschung auch zur Langzeitwirkung, nötig ist.
Abbildung 5: "Killerspiele"
Quellen:
Bushman, B.J., & Anderson, C.A. (2002). Violent video games and hostile expectations: A
test of the general aggression model. Personality and Social Psychology Bulletin, 28,
1679-1686.
Möller, I., & Krahé, B. (2009). Exposure to violent video games and aggression in German
adolescents. Aggressive Behavior, 35, 75-89.
Ostrov, J. M., Gentile, D. A., & Crick, N. R. (2006). Media exposure, aggression and
prosocial behavior during early childhood: A longitudinal study. Social Development, 15,
612-627
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen