Montag, 28. Februar 2011

Kindesmisshandlung

Autor: Pablo

Einleitung:
Die Thematik häusliche Gewalt ist sehr weitreichend, weshalb wir uns zwei einzelnen
Themen ausgesucht haben. Ich werde das Thema Kindesmisshandlung bearbeiten.
Das Thema ist gegliedert in drei Unterpunkte.
Körperliche Kindesmisshandlung, sexuelle Kindesmisshandlung und psychische
Kindesmisshandlung. Im folgenden werden ich Ihnen eine Definition, Prävalenz und die
Konsequenzen der jeweiligen Thematik anschaulich darstellen.
Man muss allerdings vorher festhalten, dass die Prävalenzen sich immer auf die aufgeklärten
oder angezeigten Verbrechen beziehen.
Die Dunkelziffer liegt mit angrenzender Sicherheit sehr viel höher.
Das Paradigma der ,,heilen Familie’’ ist immer noch ein schwer antastbares Thema und
Verbrechen werden in diesem Kontext oft ,,totgeschwiegen’’.

Kindesmisshandlung:
Die ersten Betrachtungen dieser Thematik auf medialer Ebene ist auf die frühen Achtziger
Jahre zurückzuführen, als vor allem die Musik sich diesem ,,Tabuthema’’ annahm (Falko,
Suzanne Vega, Aerosmith).
Warum dieses Thema lange nicht behandelt wurde, lässt sich vor allem auf den Grundsatz der
heilen Familie zurückführen und wird deutlich mit dem Zitat von Barbara Krahe
veranschaulicht:
,,People are more likely to be killed, physically assaulted, hit, beat up, slapped, or spanked in
their own homes by other family members of the same familiy.’’
Kinder fallen häufig zum Opfer von Gewalt, denn sie sind das schwächste Bindeglied in der
Familie. Sie sind auf Unterstützung angewiesen und besitzen wenige Möglichkeiten aus dem
Familiengebilde auszubrechen oder sich zur Wehr zu setzen.
Des Weiteren beschreibt die traditionelle, autoritäre Beziehung, dass ,, ein Klaps doch nicht
schaden kann’’ und deswegen eine Arte Legitimierung der physischen Gewalt gegenüber
Kindern gegeben wurde. Natürlich ist es einfach sein Kind mit Gewalt und Verängstigung zu
erziehen, anstatt sich mit ihm auseinanderzusetzen.

Prävalenz von Kindesmisshandlung:
Vorab müssten noch erwähnt werden, dass Vergleiche zwischen den USA und Deutschland
gemacht werden. Hierbei werden signifikante Unterschiede deutlich.Ich habe mich gefragt,
worauf dies zurückzuführen ist.
Ich konnte keine klaren Antworten finden, denken aber, dass dies mit der traditionellen Art
der Familie in den USA zusammenhängt. Des Weiteren spielt die Population einer Stadt oder
einem Dorf eine große Rolle. In Deutschland haben wir eine große Verstädterung. In Amerika
hingegen ist das Leben in einigen Gegenden sehr viel ländlicher und die einzelnen Dörfer sind
von der Außenwelt mehr oder weniger fast abgeschnitten. Zudem findet man leider eine große
Streuung der Jahreszahlen.
In den USA wurden 380 unter 100.000 Kindern körperlich misshandelt (1994) und 12 unter
100.000 starben 1997 an Folgen von Kindesmisshandlung.
Hingegen in ganz Deutschland fielen 2916 (2004) und 2905 (2005) zum Opfer körperlicher
Gewalt. Interessant ist hier, dass wenn man den sexuellen Missbrauch ausschließt Frauen häufiger gewalttätig gegenüber ihrem Kind werden.
Grund hierfür ist die Erziehungsrolle der Mutter. Die Mutter verbringt die meiste Zeit mit
ihrem Kind. Des Weiteren wird dem Vater in dieser Konstellation eine Sonderrolle
zugesprochen. Das Kind freut sich den ganzen Tag auf die Heimkehr des Vaters und versucht
in dieser Zeit die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und das Verhalten den Umständen
anzupassen. Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist die Rollenverteilung in der Erziehung
so begründet, leider fehlt weitere Zeit um auf diesen interessanten Punkt einzugehen.
Man kann schlecht Prädiktoren für Kindesmisshandlung finden,
dennoch lassen sich einige Risikofaktoren bestimmen.
Das Sozialwesen in dem Kinder aufwachsen (3.74), die frühe Trennung von Mutter und Kind
(4.08)und wenn die Mutter unter Psychopathie leidet (4.91)1.
Konsequenzen für die Entwicklung eines Kindes sind langfristige Schädigungen des
psychologischen Wohlbefindens , niedriges Selbstbewusstsein, Angstzustände,
selbstzerstörendes Verhalten, schwerer Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen und
Vertrauen.

Sexuelle Kindesmisshandlung:
Um eine Abgrenzung zur physischen Kindesmisshandlung zu finden werden verschiedene
Komponenten die zu sexuellen Kindesmisshandlung zählen, kurz aufgezählt: Anfassen,
Penetration, Exibizionismus, Voyeurismus und Pornographie.
Die Prävalenz stellt ebenfalls wieder einen Vergleich von Deutschland und Amerika dar. In
USA wurden 210 unter 100.000 (1986) und 450 unter 100.000 (1993) Kinder sexuelle
misshandelt. Hingegen in Deutschland waren es 19 unter 100.000 (1999) die misshandelt
wurden. Neuere Daten beschreiben einen kontinuierlichen Verlauf der Verbrechen.
In Deutschland waren es 15.255 (2004) und 13962 (2005) Fälle. Berechnet man wieder die
Prävalenz auf 100.000 Bewohner, erhält man wieder eine Zahl zwischen 19 und 21. Hier ist
wieder ein signifikanter Unterschied zu erkennen, auf diese Problematik wurde oben im
Datenvergleich Kindesmisshandlung schon eingegangen.
Außerdem ist ebenfalls interessant, dass 75 bis 80 % ihren Täter kennen und 80-95 % der
Täter männlich sind.

Hierbei sind wieder einige Risikofaktoren zu erkennen.
Hierbei waren vor allem die Präsenz eines Stiefvaters (3.32), mütterliche
Psychopathie(6.27)und Misshandlung von beeinträchtigten und behinderten Kindern(11.79)
auffällig.
Das Quotenverhältnis von beeinträchtigen und behinderten Kindern ist aufgrund ihres Schutzund
Pflegebedürfnisses so hoch. Kinder sind noch ausgelieferter und der physische Kontakt
eines Schutzbefohlenen kann über Hilfsmaßnahmen gerechtfertigt werden. Des Weiteren
besteht häufig nicht die Möglichkeit sich zu wehren oder andere Maßnahmen gegen die
Misshandlung zu unternehmen. Außerdem spielt der Faktor Zeit,
die ein Schutzbefohlener mit dem Opfer verbringen kann, ebenfalls eine wesentliche Rolle
um intimeren Kontakt zu den Opfern zu suchen.
Konsequenzen der sexuellen Kindesmisshandlung sind sehr weitreichend und beziehen sich
vor allem auch auf die sexuelle Entwicklung des jeweiligen Kindes. Einige werden im
folgenden aufgelistet, traumatische Erlebnise, Depressionen, Einsamkeit, suizidale Gedanken,
PTSD (post traumatic stress disorder), Schlafstörung, Hyperaktivität, Aggressionen und das
Gefühl von Wertlosigkeit.
Das Traumagenic dynamics model (Finkelhor und Browne‘s) beschreibt die sexuelle
Kindesmisshandlung als Schlüsselerlebnis für sexuelle Symptome und Anpassungsprobleme.
Hierbei zeigen Jugendliche und Heranwachsende erhebliche Defizite und
Verhaltensstörungen in ihrer sexuellen Entwicklung.
Sexuelle Voreingenommenheit, frühe sexuelle Erfahrungswerte/frühe Sexualisierung,
verführerisches Verhalten, exzessive Masturbation, Sexspiele in Gruppen, sexualisierte
Sprache, Fokussierung auf Genitalien, sexuelle Opfer für andere (Victimisation), 38 %
Promisk (Kandell-Tachett et al. 1993, Bedeutung; häufig wechselnde Geschlechtspartner).
Außerdem sind sie unfähig intime Beziehungen einzugehen und werden häufiger geschieden.
Des Weiteren fühlen sie sich sexuelle schuldig, was bedeutet, dass sie nach dem
Geschlechtsverkehr an ihre Misshandlung zurückdenken und diese als gerechtfertigt
betrachten.
Zum dem beschreibt eine interessante Studie von Browne und Finkelhor( 1986) einen
Zusammenhang zwischen sexuellen Missbrauch und Prostitution.
Leider fokussieren sich die Studien hauptsächlich auf Frauen.

Dennoch gibt es eine Studie, die ebenfalls die sexuelle Entwicklung und Agressionen
gegenüber ihrem Geschlechtspartner bei Männern untersucht hat.
In der Studie von Krahe, Scheinberger-Olwig und Schütze wurden homosexuelle Männer
bezüglich ihres Sexualverhaltens und ihrer sexuellen Entwicklung befragt.
Hierbei wurden vor allem die Punkte ,,Revictimisation‘‘ und sexuelle Kindesmisshandlung
verglichen. Revictimisation bedeutet sich wieder zum Opfer von sexueller Gewalt oder
sexueller Unterdrückung zu machen.
Es konnte eine Korrelation von .44 gefunden werden.
Wenn Kinder also sexuell missbraucht wurden, dann werden sich auch in späteren
Beziehungen wieder zum Opfer von sexueller Gewalt und sexueller Aggression.

Psychologische Misshandlung:
Als letzten Punkt bearbeite ich das Thema psychologischen Missbrauch.
Es ist wichtig, dass die beiden Arten von Missbrauch, die wir bereits bearbeitet haben auch
Formen von psychologischer Misshandlung sein können, jedoch gibt es ebenfalls Formen des
psychologischen Missbrauchs, die sich von den anderen Arten unterscheiden.
Deswegen versuchen wir eine kurze Abgrenzung über die Definition zu klären.
Zum psychologischen Missbrauch zählen Ausmustern, Entwürdigen, Terrorisieren, Isolieren,
Entsozialisieren, Ausbeutung (durch bspw. Pornographie und Prostitution)
und das Einschränken des physischen Wachstums (durch bspw. Unzureichende Zufuhr von
Lebensmitteln)
Die Prävalenz ist schwer zu bestimmen, weil Überschneidungen zwischen psychischer
Gewalt und den anderen Arten der Misshandlung besteht.
Leider liegen keine auswertbaren Daten für Deutschland in diesem Bereich vor.
Dennoch besitzen wir Daten für die USA. Hier wurden 8 unter 1000 Kinder psychologisch
misshandelt und insgesamt 1.036.000 Millionen im Jahre 1995.
Ein interessantes Experiment wurde in diesem Bereich durchgeführt. Es wurden 1000 Eltern
über eine ,,parent child conflict scale‘‘ befragt, in dem fünf Formen von psychologischer
Aggression vorhanden war.
Leider kreuzten 856 von 1000 mindestens eine Form der psychologischen Aggression an.
Leider war es mir nicht möglich auf diesen Test zurückzugreifen.

Dennoch wäre es interessant, ob die psychologische Misshandlung nicht schon bei
Sanktionsmaßnahmen wie ,,Du hast Hausarrest und darfst die nächsten vier Wochen nicht
mehr raus ‘‘anfängt.
Letztendlich möchte ich Ihnen noch einen kurzen Einblick in die Entwicklung von
Aggressionen die man in der eigenen Kindheit oder in partnerschaftlichen Beziehungen
erlebt hat. Die Entwicklung der Aggressionen beschreibt einen Teufelskreis.
Zum besseren Verständnis möchte ich den ,,Cycle of Violence‘‘ modellieren.
Die verschiedenen Stufen beschreiben die Entwicklung von Gewalt und das Umgehen mit
dem Gewalttäter.
Die ,,Tension Building Stage‘‘ beinhaltet das Ausleben von Aggressionen und Gewalt.
Die ,,Battering Stage‘‘ beschreibt das sich wieder näher kommen und vergessen der Gewalt
und die ,,Honeymoon Stage‘‘ , dass alles wieder gut ist.
Dieser Ansatz könnte sich vor allem auf zwischenmenschliche Beziehungen anwenden lassen,
weil hier anschaulich erklärt wird, warum man sich z.B. nicht von einem gewalttätigen
Partner trennt. Ebenfalls stellt dieser Ansatz einen Erklärungsansatz für Gewalt in Familien
dar. Der ,,cycle of violence‘‘ stütz zum Beispiel Argumente wie ,,Der Papa ist normalerweise
nicht so, er kann auch anders, weiß du noch was er letztens für uns getan hat…..‘‘.

Diskussion:
Abschließend möchte ich noch die Diskussion die wir in unserem Seminar zu dieser Thematik
hatten reflektieren.
Das Thema Kindesmisshandlung ist ein sehr sensibles Thema und verursacht sehr viel
Schaden für die betroffenen Opfer.
Es wurde darauf hingewiesen, dass familiäre Prozesse teilweiße eine gewisse Eigendynamik
annehmen können. Die Familie stellt einen abgetrennten Bereich für Außenstehende dar und
nimmt eine Sonderrolle ein. Die Sonderrolle kann Gewaltopfern zum Verhängnis werden.
Viele Hilferufe werden somit leider unterdrückt, runter gespielt oder unterschätzt.
Des Weiteren haben wir uns über die Entwicklung des Kindes in den letzten zweihundert
Jahren und in anderen Kulturen unterhalten.
Vor zweihundert Jahren war man mit elf oder zwölf Jahren als voller Erwachsener angesehen
und dementsprechend behandelt. Grenzen waren klar mit dem Eintritt in den Beruf oder der
Übernahme von häuslichen Aufgaben bestimmt. Kinder wurden somit wie Erwachsen
behandelt. Betrachtet man andere Kulturen ist dieser Grundsatz ebenfalls gegeben. Vor einem
Kind herrscht ein anderer Respekt.
Wenn sie allerdings als junge Frau angesehen wird, dann werden Verbrechen legitimiert, die
man mit Kindern nicht durchführen könnte. Allerdings möchte ich dies nicht verallgemeinern,
sondern als negatives Beispiel nennen.
Prävantionsmaßnahmen gibt es wenig, weil sich alles im heiligen Kreis der Familie abspielt.
Dennoch gibt es vor allem in letzter Zeit häufiger Fälle, in denen das Jugendamt expliziten
Warnungen von Nachbarn nicht nachgegangen ist und dementsprechend Kinder verhungerten
oder totgeschlagen wurden.
Nicht jede Mitteilung beinhaltet ein Verbrechen, aber dennoch muss das Jugendamt mehr
Ressourcen in den Schutz unserer Kinder stecken.
Zudem wurde die Medienpräsenz und –wirksamkeit deutlich erhöht um auf das Thema
Aufmerksamkeit zu lenken. Vor allem in der Verfolgung von Pädophilen über das Internet
wurde viel investiert.
Abschließend möchte ich noch einen Grundsatz einer Werbestrategie aufgreifen ,,It should
not hurt to be a child’’.

Literaturangabe:
Krahe, Barbara. Social Psychology of Aggression. Kapitel 7, domestic violence & Kapitel 8,
sexual aggressions.
Krahe, Barbara.Sexual Agressions amon Homosexual Mens. Journal of applied social
psychology 2001, 1385-1408.

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