In unserem Seminar „ Wenn es mal kracht-Aggressionen: Ursachen, Prozesse und Folgen“ bei
Paul Alvarez Löblich, habe ich, Victoria McGregor, mich mit dem Thema „Soziale Informationsverarbeitung“ beschäftigt.
Kognitionen spielen hier eine große Rolle, da sie das Verhalten der Menschen steuern und biologische, umweltliche und situationelle Inputs zu sogenannten „behavioral outputs“ verbinden. Sie dienen also u.a. zur menschlichen Informationsverarbeitung.
Zur Informationsverarbeitung gibt es drei grundlegende Modelle. Das erste Modell, das Informationsverarbeitungsmodell, stammt von Herbert Simon und wurde von ihm entwickelt, um das menschliche Denken zu verstehen. Es ist sowohl eine Beschreibung der kognitiven Datenstrukturen, die von einer Person genutzt werden, als auch die Sequenz von kognitiven Abläufen, die die Person ausführt, um Output von Input zu unterscheiden. Das menschliche Denken wird hier mit einem PC verglichen, Gedanken und Geist stellen die „Software“ dar und das Gehirn stellt ein Äquivalent zur Hardware dar.
Das zweite Modell, das sogenannte konnektionistische Modell beschreibt kognitive Prozesse und dazugehöriges Verhalten durch neuronale Netzwerke, in denen Parallelverarbeitung eine natürliche Eigenschaft ist. Dieses Netzwerk funktioniert mit Hilfe von sogenannten Nodes und Anknüpfungspunkten, die das menschliche Gehirn bilden. Information wird encodiert, in dem sie ins Gedächtnisnetzwerk eingegliedert wird und sie wird abgerufen in dem sie aktiviert wird. Dies kann z.B. durch einen Hinweisreiz sein, der den ersten Knoten, sei es durch einen externen Reiz oder durch ein internes aktiviertes Schema, aktiviert.
Dieser Ansatz ähnelt dem Zentralnervensystem mehr als das Informationsverarbeitungsmodell, dennoch ist es unklar und bestritten, ob es eine sinnvolle Grundlage für Kognition ist.
Um das Thema vollständig zu verstehen, wiederhole ich grundlegendes Wissen über das Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis.
Beim Langzeitwissen unterscheidet man zwischen prozeduralem und deklarativem Wissen. Prozedurales Wissen beinhaltet u.a. Handlungsabläufe, wie z.B. Fahrrad fahren. Das deklarative Wissen speichert Fakten wie z.B. Definitionen oder auch einfache Dinge wie eigener Name, Telefonnummern etc. Dieses Wissen wird noch einmal unterteilt in semantisches und episodisches Wissen.
Semantisches Wissen beinhaltet das „abstrakte Weltwissen“, das episodische Gedächtnis speichert Erinnerungen.
Zudem gibt es noch die sogenannten „automatischen Prozesse und die kontrollierten Prozesse“.
Automatische Prozesse passieren schnell und erfordern wenige kognitive Quellen. Kontrollierte Prozesse sind das genaue Gegenteil: Sie dauern langsamer, erfordern mehr kognitive Quellen und werden bewusst ausgeführt.
Soziale Information kann durch Hinweisreize, Stimuli oder Emotionen und Stimmung abgerufen werden.
Wenn man erregt ist, liegt der Fokus eher auf salienten, dh. auffälligen Hinweisreizen. Stress ist der bekannteste Prädiktor für Erregung. Zusammen mit Emotionen führt er oft zu aggressivem Verhalten, dabei wird ein sogenanntes Gewaltschema abgerufen und das Verhalten wird dementsprechend aggressiver.
Soziale Kognition ist kein Grund für aggressives Verhalten. Sie untersucht die Wahrnehmung und Verarbeitung sozial bedeutsamer Information und Situationen.
Was bedeutet allerdings aggressives Verhalten? Aggressives Verhalten ist ein Verhalten, das darauf abzielt eine Person zu verletzen oder zu irritieren.
Man unterscheidet zwischen instrumenteller und reaktiver Gewalt. Bei instrumenteller Gewalt hat die Person einen Grund jemand anderen zu verletzen, dh. die Tat hat einen Hintergrund.
Reaktive Gewalt ist eine Gewalt, die ohne jeglichen Grund ausgeführt wird, einzig und allein um einer Person zu schaden und sie willkürlich zu verletzen. Bei beiden „Gewaltarten“ hat man ähnliche Kognitionen.
Die Sozialkognitive Definition von Wut ist, dass sie entsteht, wenn man emotional erregt ist und der „Gedächtnisknoten Wut“ aktiviert wird. Dies entspricht dem konnektionistischen Modell der Informationsverarbeitung.
Gewohnheitsmäßige Gewalt tritt sehr früh im Leben auf und ist ein Prädiktor für spätere Gewalt. Schwerwiegende Gewalt hat viele Einflüsse und Gründe. Diese können u.a. die Erbanlage, Umwelt, ein Trauma, erleben von häuslicher Gewalt oder einfach starkes Temperament sein. Frühes Erleben spielt allerdings eine Schlüsselrolle bei gewohnheitsmäßiger Gewalt.
Es gibt zwei Modelle, die versuchen kognitive Prozesse bei Gewalt zu erklären.
Das Erste stammt von Huesmann et al., das Zweite von Dodge et al. Beide Modelle basieren auf Banduras Formulierungen und Berkowitz Denken.
Huesmanns Modell ist fokussiert auf Skripts, (Pläne, die einem sagen, wie man handeln soll), auf Ansichten und beobachtendes Lernen. Die Person sucht nach einer Heuristik und einem Skript, das für die Situation passend ist und verhält sich dementsprechend. Zusätzlich geht Huesmann davon aus, dass die Person weiß, was angemessen ist und deshalb das Verhalten daran anpasst. Skripts entstehen seinem Erachten nach durch Beobachtungen und durch Konditionierung.
Dodges Modell betont Wahrnehmungen und Attributionen. Die Hinweisreizinterpretation spielt hier eine wichtige Rolle. Zudem hat die gesellschaftliche Reaktion auf das Verhalten eine große Bedeutung. Die Meinung der Gruppe ist sehr wichtig und kann unter Umständen das Verhalten sogar ändern.
Dodge stellte fest, dass die Informationsverarbeitung mit dem Alter leichter fällt, was logisch ist, da Kinder erst mal Skripts lernen und speichern und Erfahrungen sammeln müssen.
Bei beiden Modellen werden Hinweisreize interpretiert und Erinnerungen durchforscht. Dodges Ausarbeitung ist sehr auf die Entwicklung fokussiert, Huesmann legt eher Wert auf die beobachtete und erlebte Gewalt und den Einfluss der Medien.
Beide Ideen zusammen führten zu einem Modell, dass gut beschreiben kann, wie kognitive Prozesse aggressives Verhalten bestimmen und wie sich Aggression bei einem Kind entwickelt.
Bei diesem Modell gibt es vier Prozesse, wo emotionale Erregung, aktivierte Schemen und situationelle Hinweisreize interagieren um Aggression zu beeinflussen. Diese sind erstens den Hinweisreiz erkennen und interpretieren, dann das Skript abfragen, es auswerten und zu selektieren was passend wäre und zum Schluss die Rückmeldung der Umwelt auswerten.
Alle vier Prozesse sind automatische kognitive Prozesse.
Als Fazit kann man sagen, dass aggressive Menschen weniger auf Hinweisreize achten und die „aggressiven, provozierenden“ Reize herausfiltern.
Aggressive Menschen haben mehr aggressive Skripts gespeichert und können diese leicht abrufen. Zudem spielt die instrumentelle Konditionierung eine Rolle, dh, ob ein Kind aggressive Skripts lernt und diese dann auch mit der Zeit speichert.
Abschließend lässt sich sagen, dass Kognitionen, Verhalten und die Beobachtung anderer aggressives Verhalten begünstigen, sofern sie als Vorbild dienen.
Zum Abschluss noch eine Studie von Srull und Wyer. Versuchspersonen sollten Sätze aus wirr zusammengesetzten Wörtern bilden. Die eine Gruppe hatte vorwiegend Wörter, die zusammengesetzt eher aggressive, negative Sätze bildeten, die andere ganz normale, neutrale Wörter. Bsp.: „ he-arm-broke-his“.
Nach diesem Experiment wurde den Versuchspersonen gesagt, dass ein neues völlig unabhängiges Experiment beginnen würde. Sie wurden in einen neuen Versuchsraum geführt und es gab einen anderen Versuchsleiter.
Bei diesem Experiment mussten die Personen eine Beschreibung einer Person lesen. Diese konnte, wenn man es so auslegen wollte, als aggressiv oder neutral bewertet werden.
Ein Beispiel für eine beschriebene Person war ein Mieter, der sich weigerte die Miete weiter zu zahlen, bis der Vermieter die Wohnung neu streicht.
Ergebnis der Studie war, dass die Versuchspersonen, die im ersten Experiment eher negative, aggressive Sätze bilden konnten, im zweiten Experiment die Personen als aggressiv beschrieben, obwohl ihnen gesagt wurde, dass die Experimente völlig unabhängig voneinander waren. Sie waren also auf das „Aggressive“ geprimed worden.
Bei der Diskussionsrunde wurde die Frage diskutiert, ob es möglich sei, einen Gedächtnisknoten wie z.B. zur Wut zu deaktivieren oder gar zu löschen.
Dabei wurden eher Lösungsvorschläge gebracht, wie man es verhindern könnte, einen solchen Knoten aufzurufen.
Die meisten Teilnehmer, waren der Meinung, dass man die Wut in sich abbauen sollte, sei es durch Sport oder autogenes Training, um eine Ausgeglichenheit zu schaffen.
Zusätzlich wurde vorgeschlagen andere Gedächtnisknoten hervorzuheben, dh die aggressive Seite durch positive Skripts und Gedächtnisknoten abzulenken.
Eine genaue Antwort auf die gestellte Diskussionsfrage wurde nicht gefunden, was die Anregungen und Ideen aber nicht beeinflusste, sondern nur verstärkte.
Literaturverzeichnis:
Krahé, B. (2001). Huesmann, L.Rowell. The role of social information processing and cognitive schema in the acquisition and maintenance of habitual aggressive behavior (electronic version).
Todorov, A., Bargh, J.,(2000). Automatic sources of aggression.
Internetquellen:
Fun-insite.de (2008). http://www.fun-insite.de/bild_view.php?bid=a476541131
swissmom.ch (2007).
http://www.swissmom.ch/uploads/RTEmagicC_e42a5a7102.jpg.jpg
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