Donnerstag, 3. März 2011

Die Katharsis-Theorie

Autor: Angela

Das Wort Katharsis stammt aus dem Griechischen und ist bei wörtlicher Übersetzung mit dem deutschen Terminus Reinigung gleichzusetzen.
Während eine Quelle der Katharsis-Theorie bereits in der griechischen Antike bei der aristotelischen Poetik vorgefunden werden kann, basieren alle modernen und aus psychologischer Sicht als relevant zu charakterisierenden Ausprägungen der Theorie auf Sigmund Freuds Hydraulik-Modell.
Dieses besagt, dass Frustration zu Ärger führt und dass sich dieser wiederum im Innern eines Individuums, genau wie hydraulischer Druck innerhalb eines abgeschlossenen Systems, solange ansammelt und aufstaut, bis er in irgendeiner Form wieder abgegeben werden muss.
Wenn Menschen dies nicht tun, sondern vielmehr versuchen, ihren Ärger metaphorisch gesprochen in sich selbst zu verschließen, wird dies laut dem Modell letzten Endes unweigerlich einen ungehemmten Ausbruch ihrer Aggressionen zur Folge haben.
Die Katharsis-Theorie beschreibt in diesem Kontext die Möglichkeit, dass eine Person, die sich in einem negativen Gefühlszustand, der von Aggressionen geprägt ist, befindet und daraufhin aggressiv handelt, diesen negativen psychischen Zustand damit lindern kann und dadurch auch in der Lage ist, weitere Aggression zu vermindern.



Katharsis ist mit den Worten des Hydraulik-Modells demnach als ein Weg anzusehen, den Druck, den der Ärger in der Psyche eines Menschen erzeugt, zu vermindern.
Die Kernidee besteht darin, dass es besser ist, dem Ärger gelegentlich zum Ausdruck zu bringen, als wenn er sich bis zu dem Punkt aufstaut, an dem ein als wesentlich problematischer zu bewertender Ausbruch das Resultat wäre. Metaphorisch kann man dies sehr gut mit einer Explosion gleichsetzen. In diesem Zusammenhang wird in der psychologischen Literatur und insbesondere seitens Freuds auch oftmals auf das Dampfkesselprinzip rekurriert. Dieses legt nahe, dass im Innern eines Individuums natürlicherweise permanent aggressive Impulse erzeugt werden, welche sich ansammeln und folglich nach Entladung drängen, was laut Freud beispielsweise durch Ersatzhandlungen möglich ist.
Im Hinblick auf die Katharsis-Theorie ist explizit hervorzuheben, dass sich dieser Ansatz als äußerst problematisch erwiesen hat, sobald psychologische Forscher damit begonnen hatten, diesbezüglich wissenschaftliche Tests durchzuführen. Insgesamt kann sogar in der gesamten psychologischen Forschung keine verifizierbare Unterstützung für die Gültigkeit dieser Theorie ausgemacht werden, sodass sie heutzutage als gänzlich widerlegt anzusehen ist.


Wesentliche Ursachen von Aggression
Die Katharsis-Theorie beschreibt drei wesentliche Ursachen für das Auftreten von Aggression.
Zum einen können laut dem dualistischen Modell der Psychoanalyse Sigmund Freuds Konflikte zwischen den beiden Urtrieben Thanatos und Eros – dem Todes- und Lebenstrieb des Menschen - die Ursache für das Auftreten von Aggression sein. Somit wurde seitens Freuds ursprünglich versucht, die Aggressivität des Menschen auf einen biologisch verankerten Trieb zurückzuführen.
Zum anderen kann die Entstehung von Aggression laut Konrad Lorenz aber auch durch einen angeborenen Kampfinstinkt erklärt werden, der dazu führt, dass sich im Innern eines Menschen ständig aggressive Energie ansammelt, die folglich irgendwann wieder abgebaut werden muss. In diesem Kontext kann ebenfalls auf das zuvor beschriebene Dampfkessel-Modell rekurriert werden
Als dritte mögliche Ursache ist schließlich noch die Frustrations-Aggressionstheorie nach Dollard und seinen Mitarbeitern zu nennen, welche besagt, dass die Blockade eines zielgerichteten Verhaltens unweigerlich zu Frustration führt, welche dann wiederum durch aggressives Verhalten reduziert werden kann. Dieser dritte Ansatz verzichtet im Gegensatz zu den ersten beiden Modellen auf die Annahme der Existenz eines Aggressionstriebes, wobei insgesamt kein Bezug auf den inneren Zustand eines Individuums genommen wird, sondern Frustration hierbei vielmehr als ein ausschließlich äußerliches Phänomen anzusehen ist, welches aus situationalen Rahmenbedingungen resultiert.
Wege des Aggressionsabbaus
Die Katharsis-Theorie benennt eine Vielfalt von unterschiedlichsten Wegen des Aggressionsabbaus, wobei diese als gleichermaßen effektiv angesehen werden.
So soll aggressives Verhalten und sogar dessen bloßes Beobachten, wie es beispielsweise beim Anschauen eines Films der Fall sein kann, Wut und aggressive Gefühle beseitigen können. Folglich sei es irrelevant, ob das aggressive Verhalten einen realen oder lediglich symbolischen Wert aufweist und ob es mit der anfänglichen Ursache der Aggression in Verbindung steht oder nicht. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass laut der Theorie also eine Befreiung von Aggression möglich ist, wenn sie sich gegen Objekte oder Personen richtet, die nicht im geringsten Schuld an dem eigenen negativen Gefühlszustand sind, also keineswegs als Aggressor oder gar Provokateur angesehen werden können.
Ein populärer Weg seinem Ärger Luft zu machen, ist die Strategie des Druckausgleichs. (Dieser Terminus wird im Folgenden synonym zu dem englischen Begriff „venting“ verwendet, welcher in der psychologischen Literatur in Zusammenhang mit Aggressionsabbau häufig genannt wird.)
Druckausgleich beinhaltet stets aggressives Verhalten, wobei sich dieses oftmals gegen unbelebte Objekte richtet, mit denen bezüglich des Auslebens von Aggressionen häufig ein Gefühl von Sicherheit assoziiert wird. So wird zum Beispiel gegen einen Boxsack geschlagen, Geschirr auf dem Boden geworfen oder in ein Kissen geschrieen und geflucht (zur Veranschaulichung des letzten Beispiels siehe: http://www.youtube.com/watch?v=hfyy8riX_Oc&feature=related).
Im Wesentlichen beinhaltet die Strategie des Druckausgleichs also das Erlernen von aggressiven Verhalten und wird von manchen Psychotherapeuten sogar explizit zum Aggressionsabbau empfohlen, wobei diese Praxis bei vielen Menschen gewiss als äußerst problematisch anzusehen ist.
Zu Beginn der 70er Jahre forderte der kanadische Psychologe Albert Bandura sogar ein Moratorium für die Katharsis-Theorie und den damit verbundenen Einsatz von Druckausgleich in der Psychotherapie. Diese Kritik verdeutlicht, dass die Katharsis- Theorie zur damaligen Zeit als durchaus populär galt und aus diesem Grund auch kontrovers in der Psychologie diskutiert worden ist.
Neben dieser wissenschaftlichen Relevanz erfreut sich die Strategie des Druckausgleichs allerdings ebenfalls seitens vieler Laien auch heute noch einer gewissen Beliebtheit, wenn der Versuch angestellt wird, in Form einer Art Selbsttherapie seine Aggressionen abzubauen. Das beschriebene Phänomen wird hinsichtlich des Angebots diverser Hilfsmittel seitens Versandhäuser klar ersichtlich. So wird in der Werbung oftmals eine Erleichterung versprochen, insbesondere wenn die Rumination über einen Provokateur erleichtert werden soll.

Kontroverse zur Effektivität der Strategie des Druckausgleichs
Im Folgenden wird auf drei unterschiedliche Ansätze eingegangen, welche alle eine Antwort auf die Frage zu geben versuchen, ob sich Druckausgleich tatsächlich dazu eignet, Aggressionen effektiv abzubauen oder sich diese Strategie vielmehr als nutzlos oder gar kontraproduktiv erweist.
Geen und Quantys Kritik der Katharsis-Theorie
Geen und Quanty veröffentlichten ihre Kritik bezüglich der Katharsis-Theorie Ende der 70er Jahre in der Zeitschrift „Advances in Experimental Social Psychology“, wobei sich diese zum damaligen Zeitpunkt als durchaus einflussreich erweisen sollte.
Nachdem die Autoren die im Rahmen der von ihnen angestellten Untersuchungen erhobenen relevanten Daten bewertet hatten, kamen sie zu dem Resultat, dass Druckausgleich keineswegs zu einer Verminderung von Aggression führt, sondern Menschen vielmehr aggressiver macht, also einen vollkommen kontraproduktiven Effekt nach sich zieht, wobei die jüngere Forschung zu ganz ähnlichen Ergebnissen gekommen ist.
Geen und Quanty kamen zwar ebenfalls zu dem Schluss, dass Druckausgleich körperliche Erregung reduzieren kann, allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen. So müssten Menschen ihren Ärger direkt gegenüber dem Provokateur zum Ausdruck bringen können und dabei davon überzeugt sein, dass sich dieser dafür nicht rächen wird.

Berkowitz´ Kognitive Neoassoziationstheorie
Die Kognitive Neoassoziations Theorie, die auf Berkowitz zurückgeht, legt ebenfalls nahe, dass die Strategie des Druckausgleichs Gefühle der Wut und aggressives Verhalten eher erhöhen dürfte, als sie zu vermindern, da davon auszugehen ist, dass Aktivitäten, die von Aggression gekennzeichnet sind, aggressive Gedanken, Gefühle und Verhaltenstendenzen fördern.
Folglich führe die Strategie dazu, dass Gefühle der Wut aktiv im Gedächtnis aufrechterhalten werden und so die Wahrscheinlichkeit daraus resultierender aggressiver Antworten zunimmt. Dieses Phänomen kann man auch als Priming bezeichnen.

Insbesondere wenn Menschen während des Druckausgleichs an die Quelle ihrer Wut denken, fördere dies Aggressionen. Somit wird hier also das Denken an den Aggressor während der Anwendung der Strategie als besonders problematisch angesehen.
Rumination und Distraktion
Unter Rumination ist im allgemeinen eine auf das eigene Selbst fokussierte Aufmerksamkeit zu verstehen, wobei dies insbesondere für den Fall gilt, dass man sich auf eine eigene negative Stimmung konzentriert, die zum Beispiel aus einer Provokation resultieren kann. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Prozess wie Rumination schlechte Laune noch steigert und folglich auch Wut und Aggression vermehrt.
Im Gegensatz dazu müsste jeder Prozess, der von der eigenen negativen Stimmung ablenkt, wie es bei Distraktion der Fall ist, dazu führen, dass Wut und Aggression abnehmen.
Die kathartische Theorie sagt vorher, dass sich Rumination am besten eignet, um Ärger zu vermindern. Allerdings besteht auch hierbei ein klarer Mangel an empirischen Beweisen. Mehrere Studien haben sogar deutlich gezeigt, dass Rumination Gefühle der Wut steigert.

Bushman-Studie zur Effektivität der Strategie des Druckausgleichs (2002)
In der Studie von Bushman wurden alle Versuchspersonen zunächst provoziert. Insgesamt gab es vier Gruppen: eine Ruminations-, eine Distraktions- und jeweils eine Kontrollgruppe.
Die Parallele der Ruminations- und Distraktionsgruppe bestand darin, dass die Versuchspersonen nach der Provokation dazu angeleitet wurden, auf einen Boxsack zu schlagen.
Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen lag also nicht im Verhalten, sondern vielmehr auf kognitiver Ebene, denn die Ruminationsgruppe sah ein Bild ihres Provokateurs und wurde dazu aufgefordert, an diesen zu denken, während die Distraktionsgruppe den Fokus darauf richten sollte, die eigene körperliche Fitness zu steigern, sich also abzulenken.
Die Kontrollgruppen wurden nicht dazu angeleitet auf den Boxsack einzuschlagen, sodass sie im Gegensatz zu den anderen Bedingungen nicht körperlich aktiv waren. Allerdings sollten sie entweder an den Provokateur denken oder an ihre Fitness, also die Technik der Rumination oder Distraktion anwenden.
Nachdem die Versuchspersonen für den von ihnen selbst zu bestimmenden Zeitraum auf den Boxsack eingeschlagen hatten, sollten sie berichten, wie wütend sie sich dabei fühlten. Die abhängige Variable wurde folglich unter anderem mit der Technik des self reports gemessen. Diese Messmethode wurde noch um eine performance-Messung ergänzt. So wurde die Stärke des gezeigten aggressiven Verhaltens anhand der Anzahl und Härte der Schläge sowie anhand der Tatsache, wie lange eine Person auf den Boxsack eingeschlagen hat, bestimmt.
Das Ergebnis dieser Studie zeigte, dass sich die Versuchspersonen der Ruminationsgruppe laut ihres Berichts wütender fühlten, als es bei der Distraktionsgruppe und den beiden Kontrollgruppen der Fall war. Außerdem waren die Personen der Ruminationsgruppe gefolgt von jenen der Distraktionsgruppe hinsichtlich ihres Verhaltens am aggressivsten.
Diese Studie beschreibt das Phänomen, dass Rumination Wut und Aggression eher steigert, als sie zu hemmen. Desweiteren zeigte sich anhand der Kontrollgruppen, dass es hinsichtlich eines angestrebten Abbaus von Aggression effektiver ist, auf jegliche Aktivität zu verzichten anstatt die Strategie des Druckausgleichs anzuwenden.
Somit widersprechen die Ergebnisse dieser Studie ganz klar der Logik der Katharsis-Theorie, da Druckausgleich – das Einschlagen auf einen Boxsack – aggressives Verhalten steigert, anstatt es zu verringern, insbesondere wenn dabei an den Provokateur gedacht wird. Folglich spricht sich Bushman klar gegen die Gültigkeit der Katharsis-Theorie aus.

Aggressionsabbau durch Zielerfüllung
Insgesamt hat die umfangreiche psychologische Forschung bezüglich eines möglichen kathartischen Effekts beim Ausleben von Aggression zu keiner wissenschaftlichen Bestätigung der Theorie geführt.
Allerdings wurde im Rahmen einiger Studien eine spezifische Bedingung beobachtet, unter der aggressives Verhalten in Form von Druckausgleich einen möglichen kathartischen Effekt haben kann. Dieser ist unter der Voraussetzung, dass aggressives Verhalten dazu führt, ein Ziel zu erreichen, möglich. So ist der Effekt einer Verminderung weiteren aggressiven Verhaltens jedoch lediglich auf kurze Sicht hin zu interpretieren, da die Experimente stets direkt nach einer Zielerfüllung die Zugänglichkeit von Aggression und aggressives Verhalten gemessen haben und folglich keine Aussagen über Langzeiteffekte machen können, denn diese wären rein spekulativ.
Die Experimente kamen dabei zu dem Ergebnis, dass das Ziel jemanden oder etwas auf aggressive Weise anzugreifen, die Zugänglichkeit von aggressiven Gedanken steigert, wobei sich nach der Erfüllung des Ziels, die Zugänglichkeit von aggressiven Inhalten wieder reduziert.
In der psychologischen Literatur wird genau dieser Zusammenhang ganz allgemein in der Annahme beschrieben, dass die Zugänglichkeit von zielverwandten Konstrukten nach der Erfüllung eines Ziels abnimmt.

Theorien zur Zugänglichkeit aggressiver Konstrukte
Bei den Experimenten, die sich mit einem möglichen kathartischen Effekt durch die Strategie des Druckausgleichs beschäftigt haben, kann man zwei unterschiedliche Theorien zur Zugänglichkeit aggressiver Konstrukte unterscheiden. Zum einen ist der Priming-Effekt, das semantische Priming, relevant und zum anderen die These einer zielverwandten Zugänglichkeit.
Semantisches Priming
Der Priming-Effekt führt dazu, dass die Aktivierung eines Konzepts wie in unserem Fall des Konzepts Aggression, die Zugänglichkeit von semantisch verwandten Konzepten steigert. Dies kann in der Folge sowohl die Urteilsbildung als auch das Verhalten einer Person beeinflussen. So kann zum Beispiel aufgrund des Priming-Effekts ein Ziel, gegen dass sich die Aggression richten soll, als aggressiver beurteilt oder ganz allgemein aggressiveres Verhalten durch die vorige Aktivierung des Konzepts Aggression gezeigt werden. Die Zugänglichkeit von aggressiven Gedankeninhalten, die auf dem Phänomen des semantischen Primings beruht, hängt jedoch von der Häufigkeit und Aktualität des Primings ab und reduziert sich mit der Zeit von selbst.

Die Zielverwandtheits-Theorie
Die Theorie der Zielverwandtheit besagt, dass die Zugänglichkeit aggressionsverwandter Gedankenkonstrukte nicht lediglich wie beim semantischen Priming durch die vorige Aktivierung eines Aggressionskonzeptes, sondern auch aufgrund der Aktivierung, die von dem Ziel eines Angriffs ausgeht, zunehmen kann.
Somit besteht bei Aggression also eine klare Parallele zwischen dem Effekt, der vom semantischen Priming ausgeht und jenem, der auf dem Streben nach Erfüllung eines Ziels beruht.

Im Gegensatz zum semantischen Priming wird die Zugänglichkeit aggressiver Konstrukte, die auf der Zielverwandtheit zum eigenen aggressiven Verhalten beruht, nicht automatisch sondern erst ganz aktiv durch die Erfüllung eines Ziels gehemmt. Da Zugänglichkeit als eine Basis für Urteile und Verhalten zu betrachten ist, kann davon ausgegangen werden, dass sie folglich auch weiteres aggressives Verhalten beeinflusst. Wenn in Folge der Zielerfüllung die Zugänglichkeit abnimmt, ist anzunehmen, dass dies auch zur Hemmung weiteren aggressiven Verhaltens führt.

Widerlegung der Katharsis-Theorie trotz des gezeigten kathartischen Effekts durch die Strategie des Druckausgleichs
Die Annahme, dass aggressives Verhalten zu einer Reduktion von weiteren Aggressionen führen kann, wenn Aggression dazu dient, ein Ziel zu erreichen, beruht vor allen Dingen auf der Überzeugung, dass in den meisten Fällen Ziele, die mit aggressiven Verhalten erreicht werden wollen, als spezifisch zu charakterisieren sind. So wird beispielsweise angestrebt, einer speziellen Person zu schaden, weshalb lediglich eine begrenzte Anzahl von Verhaltensweisen zu einer Erfüllung des Ziels führen kann. Diese logische Schlussfolgerung spricht also ganz klar gegen eine typische Annahme des Katharsis-Modells, dass es egal sei, gegen wen oder was sich die Aggression richtet, dass Druckausgleich immer einen positiven kathartischen, von weiteren Aggressionen reinigenden, Effekt für das Individuum haben würde.
Am Beispiel der Bushman-Studie kann der beschriebene Zusammenhang gut illustriert werden.
Das Einschlagen auf den Boxsack erfüllte nicht das eigentliche Ziel der Versuchspersonen, den Provokateur anzugreifen und könnte aus genau diesem Grund die Zugänglichkeit von aggressiven Gedankeninhalten gesteigert haben. Nach dem Modell der Zielerfüllung ist davon auszugehen, dass wenn die Versuchspersonen durch ihr Verhalten ganz konkret ihrem Provokateur geschadet hätten, sie auf diese Weise ihr Ziel erreicht haben könnten und dies in der Folge eine Reduktion der Zugänglichkeit aggressiver Gedankeninhalte und des Auftretens weiteren aggressiven Verhaltens bedeuten würde.
Aus der Tatsache, dass aggressive Ziele oftmals allgemeineren Zielen wie der Wiederherstellung von Recht, Gerechtigkeit oder des eigenen Selbstbewusstseins untergeordnet sind, resultiert eine weitere Annahme des Zielerfüllungs-Modells. So ist bei der Erlangung des übergeordneten Ziels, möglicherweise sogar durch Mittel, die frei von Aggression sind, die Bedeutung des untergeordneten Ziels, gegen welches sich ansonsten die Aggression gerichtet hätte, vollkommen eliminiert.
Studien belegen, dass in manchen Fällen die Anwendung nicht aggressiver Methoden Aggressionen reduzieren kann. Wenn also provozierten Versuchspersonen Alternativen zu aggressivem Verhalten angeboten werden, kann bei deren Wahrnehmung durchaus eine Aggressionsreduktion beobachtet werden, was klar gegen die Gültigkeit der Katharsis-Theorie spricht.

Übersicht der wesentlichen Ergebnisse des Zielerfüllungs-Modells
Innerhalb der Studien, die einen möglichen kathartischen Effekt durch die Anwendung der Strategie des Druckausgleichs zum Untersuchungsgegenstand gehabt haben, konnte gezeigt werden, dass die Anleitung von Versuchspersonen sich eine aggressionsauslösende Situation vorzustellen, zu einem Anstieg der Zugänglichkeit von Aggression führt, ganz im Gegensatz dazu, wenn sie sich etwas vorstellen, was keinen aggressionsauslösenden Inhalt aufweist.
Die Versuchspersonen können dabei die bloße Vorstellung von physischer oder symbolischer Rache als Zielerfüllung empfinden, was in einer Reduktion der Zugänglichkeit von Aggression resultiert.
Die Studien haben ebenfalls konstruktive Konfliktlösungen mit einbezogen, die ohne den Einsatz von Aggression erreicht werden können. Dabei ergibt sich wie bei der vorherigen Versuchsanordnung erneut als Folge, dass nach der Zielerfüllung die Zugänglichkeit von Aggression sinkt.
Außerdem tritt bei der Messung einer weiteren abhängigen Variablen, bei aggressivem Verhalten, der gleiche Effekt einer Aggressionsreduktion auf.
In den Studien ist desweiteren ganz allgemein gezeigt worden, dass bei aggressivem Verhalten der Versuchspersonen, das keine Erfüllung eines Ziels erreicht, die Zugänglichkeit aggressiver Konstrukte in Folge steigt.
Abschließende Frage zur Reflexion
Warum glauben immer noch so viele Menschen an die Gültigkeit der Katharsis-Theorie, obwohl sie doch bereits empirisch vollkommen widerlegt worden ist?
Quellenangabe
Brad J. Bushman
Iowa State University
Does Venting Anger Feed or Extinguish The Flame?
Catharsis, Rumination, Distraction, Anger, and Aggressive Responding
Markus Denzler , Jens Förster , Nira Liberman
a Universiteit van Amsterdam and Jacobs University Bremen, Department of Social
Psychology, Roetersstraat 15, 1018 WB Amsterdam, The Netherlands
b Universiteit van Amsterdam, Department of Social Psychology, Roetersstraart 15, 1018 WB
Amsterdam, The Netherlands
c Tel Aviv University, Department of Psychology, 69978 Tel Aviv, Israel
How goal-fulfillment decreases aggression




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